Braucht die Interim Management Branche (IMGMT) Marktzutrittsschranken ?

Untersucht man die Interim Management Branche in Deutschland und in der Schweiz, so ist festzustellen, dass die Bedrohung durch neue Anbieter die stärkste Kraft am Markt ist (nach dem Modell von Porters Five Forces). Dies führt mittelfristig zu verschärften Preiskämpfen und sinkender Rentabilität in der Branche. Die Verwässerung und inflationäre Benutzung des Wortes Interim Manager sorgt zusätzlich zum Qualitäts- und somit Reputationsverlust der gesamten Branche.

Nachweislich sinkt die Profitabilität in der Branche, wenn viele neue Anbieter ungehindert auf den Markt drängen. Fehlende Marktzutrittsschranken bieten keine Restriktionsmöglichkeiten. Als logische Konsequenz aus der Vielfalt der Kenntnisse, Erfahrungen, Fähigkeiten, Einstellungen und Motivationsgründen der selbsternannten Interim Manager (IM) ist Interim Management (IMGMT) keine klar abgrenzbare Dienstleistung, welche einheitliche Qualitätsstandards bietet oder mindestens einen Ehrenkodex widerspiegelt.

Die Analyse der Bedrohung durch neue Anbieter zeigt die Probleme auf:

  1. Kein Titelschutz („jeder darf sich Interim Manager nennen“),
  2. Keine gesetzlichen Regularien (abgesehen von buchhalterischen Aspekten, Scheinselbstständigkeit, etc.) ,
  3. Keine Standards zu erfüllen (Qualifikationen, Prozesse, Zertifizierungen, Zulassungen),
  4. Keine Zugangsbarrieren in der Vermarktung (keine geregelten Kanäle, keine Listungskosten),
  5. sehr geringe Kapitalerfordernisse (einziger Faktor ist der eigene Lebensstandard, was wiederum Einfluss auf die Gestaltung der Tagessätze hat),
  6. wachsender Markt zieht neue Anbieter an (zurück zu Punkt 1)

Natürlich gibt es noch ein paar Hürden bezüglich Differenzierung, welche insbesondere für die erste Beauftragung, aber auch für das langfristige Bestehen im Markt gelten und somit die Anzahl der potentiellen Anbieter teilweise reguliert:

  1. Referenzen und nachweisliche Erfolge,
  2. Reputation, Image und Bekanntheitsgrad,
  3. Netzwerk und „Loyalität der Interim Management Provider (IMP)“ nach positiven Erfahrungen mit einem Interim-Manager
  4. Eigene Fähigkeiten, Eigenschaften und Kompetenzen (Beziehungskompetenz, Eigenmotivation, Selbstvertrauen, Vermarktung und Verkauf der eigenen Dienstleistung, etc.),
  5. Finanzieller Puffer (für die Zeit ohne Mandate).

Nach Porter gibt es nun drei unterschiedliche, strategische Ansätze, um diese Erkenntnis zu nutzen (S.1) [Port08]:

Positionieren Sie Ihr Unternehmen dort, wo schwache Kräfte/Einflussfaktoren wirken. („Position your company where the forces are weakest“)

Die Positionierungsstrategie wurde von einer Vielzahl an Unternehmen und Institutionen genutzt. So konnten sich IMP die Intransparenz, ausgeprägte Fragmentierung des Marktes, fehlende Standards und somit mangelnde Vergleichbarkeit zu Ihren Gunsten nutzen, um sich in diesem Markt erfolgreich zu positionieren.
Der Mangel an Standards, Qualifikation und Zertifikaten bietet der Weiterbildungsbranche Umsatzchancen. So bietet z. B. die EBS Universität in Oestrich-Winkel seit dem Jahr 2004 ein 12-tägiges Studium zur Erlangung des Titel „Interim Executive (EBS) für 7.500 Euro [EBS10].
Abschliessend kann jeder Selbstständige die fehlenden Marktzutrittsschranken nutzen, um sich als IM in diesem Markt zu positionieren.

Nutzen Sie Veränderungen der Kräfte/Einflussfaktoren („exploit changes in the forces“)

In einem so jungen Markt, wie der IMGMT-Branche, sind die Kräfte in ständiger Bewegung. So gab es vor 20 Jahren noch Marktzutrittsschranken. Diese wurden ausschliesslich durch die Assoziation des Begriffs Interim-Manager und davon abgeleiteten Selektionskriterien des Mandanten definiert. Ein Interim-Manager musste vorwiegend weiss, männlich, über 55 Jahre alt und finanzielle abgesichert sein, was primär durch Abfindungspakete aus der Entlassung aus vorrangegangener Festanstellung sichergestellt wurde (S.6f) [Russ05]. Die Branche wurde reifer und hat sich verändert. Erfahrung und Alter ist kein Garant für Erfolg. Wie Studien belegen, drängt eine jüngere flexible, mobile, veränderungsfreudige und ebenfalls erfolgreiche Altergruppe, nicht mit langjähriger, jedoch mit vielfältiger Erfahrung in den Markt und wählt die Profession des IM bewusst als Lebensstil (vgl. [DDIM09] [DDIM09] [AIMP10]. Die dadurch ersichtliche Bereitschaft von Mandanten Ihre Selektionskriterien anzupassen ist Grundlage dafür, die Kräfte in der Branche zu eigenen Gunsten verändern zu können.

Verändern Sie die Kräfte/Einflussfaktoren zu Ihren Gunsten („Reshape the forces in your favor“).

Das Kernproblem der fehlenden Marktzutrittsschranken als Ursache für Preiskämpfe, sinkende Profitabilität und „Verwässerung der Branche“ wurde von einer Vielzahl an Organisationen und Unternehmen erkannt. Ebenso wurde erkannt, dass nicht nur der Staat mit seiner Macht, z. B. durch Regularien, Marktzutrittsschranken erlassen könnte, sondern dass die Selektionskriterien der Mandanten bei der Auswahl von Interim Manager eine sehr mächtige Marktzutrittschranke darstellte und wieder darstellen kann.
Diese Selektionskriterien im Interesse der Profitabilität und Qualität der Branche und somit als Marktteilnehmer im eigenen Interesse zu beeinflussen, versuchen seit Jahren verschiedene Dachverbände und Weiterbildungsinstitute. Eine Mitgliedschaft im DDIM oder dem Schweizer Kongruent, dem Dachverband Schweizer Interim Manager (DSIM) zeugt davon, dass der IM die qualitativen Anforderungen des Verbandes erfüllt und sich mit dem Ehrenkodex identifiziert. Der Bundesverband deutscher Consultants und Interim Manager (BDCI) bietet Zertifikate, welche 10 Jahre Berufserfahrung und mindestens 2 Jahre Interim Manager oder Consultant Erfahrung nachweisen. Das Rennen um den Standard und den relevanten Qualifikationsnachweis ist noch nicht entschieden und somit noch offen. Es gibt keinen empirischen Beweis und auch keine Anzeichen oder Quellen die darauf hinweisen, dass eine fehlende Mitgliedschaft oder ein Mangel an BDCI Zertifizierung oder ein fehlender Executive Interim (EBS) Titel als K.O. Selektionskriterium bei der Vergabe eines Mandates entscheidend waren.

Was ist die Meinung meiner Leser?

Sind Marktzutrittsschranken notwendig?

Welche Kriterien sind sinnvoll?

Ich freue mich auf einen Austausch.

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